Mittwoch, 31. Juli 2013

Jagd im Olivenhain


Michael Berger und seine Freundin Karla sind ein ungleiches Paar. Er ein rastloser Zyniker, getrieben von den eigenen Versäumnissen im Leben. Oft in seiner ureigenen Melancholie gefangen. Sie eine junge, lebensbejahende, aufstrebende Frau. Ein wahrer Sonnenschein in Bergers Leben, den er aber nicht so recht an sein Herz herankommen lässt. Zu tief sitzen die Enttäuschungen der Vergangenheit. Bekannte vermitteln den beiden ein Ferienhaus in einem beinahe noch unberührten Teil der italienischen Toskana. Dort lernt der Hauptprotagonist der Geschichte Karla wahrhaftig zu lieben. Zumindest lässt er diese Gefühle erstmals zu. Doch schon bald fällt ein Schatten auf dieses Idyll in den Olivenhainen. Die ortsansässigen Familienclans der Aniellis und der Rossatos projizieren nach und nach eine tragische Geschichte, die sich in den Nachkriegsjahren ereignete, auf die beiden Feriengäste. Diese stellen, neugierig geworden ob der subtilen Bedrohungen seitens der Einheimischen Nachforschungen an, stoßen dabei auf ein dunkles Geheimnis, dass auch Michaels eigene Vergangenheit nicht unberührt lässt und werden dadurch immer tiefer in einen Strudel aus Misstrauen, Hass und falsch verstandener Ehre hineingezogen. Bis es schließlich zur Eskalation der Ereignisse kommt.

Der Roman, der einen weiten Spannungsbogen aufbaut, sich zugleich aber auch als Drama versteht, zeichnet in zwei Kapiteln einen Umriss verschiedenster Weltanschauungen, die erst einmal aufeinander geprallt wie in einem Pulverfass explodieren. Das erste Kapitel skizziert in zwei Erzählsträngen die Gegenwart mit all ihren für die Geschichte relevanten Entwicklungen und gibt parallel dazu einen Rückblick auf das Leben des Michael Berger. Kapitel zwei befasst sich einerseits mit der Jagd nach den beiden Urlaubern, führt den Leser aber auch jenen archaischen Strukturen zu, die das Handeln der Dorfbewohner überhaupt erst begreiflich machen. 

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Mittwoch, 24. Juli 2013

Tour de Force


Wohin? Ich fragte mich nach dem Interview von Lance Armstrong bei Oprah Winfrey immer wieder diese Frage. Wohin? 1994 hat man mir das Radsportfieber injiziert. Ein Jahr nach dem Sieg von Lance Armstrong im WM-Straßenrennen von Oslo. Dem einzigen Sieg, der ihm letztlich geblieben ist. Damals hielt das Satellitenfernsehen Einzug in meinen Haushalt. Und seitdem ging es los. Indurain endlich live zu sehen war wie der Blick in Gottes Antlitz. Es folgte das Geilste, was man sich vorstellen kann. Sogar Austria-Boy Peter Luttenberger mischte mit. Und radelte wie andere Protagonisten zur Höchstleistung. Sieger der Tour de Suisse! Ich Live dabei! Es kam Bjarne Riis, und ein Jahr darauf sein Leutnant Jan Ullrich, der Genialste aller. Unvergesslich das „Quäl Dich Du Sau!“, dass ihm seine Telekom-Teamkollegen über die Vogesen hinweg zugebrüllt haben. Ein Jahr später stand Marco Pantani nach einem Einbruch Ullrichs an der Spitze der Tour, dann kam der Chef. So wurde Lance Armstrong bezeichnet, nachdem er 7 Mal in Folge die Tour gewann. Was folgte, waren Disqualifikationen. Floyd Landis sprintete 2006 in Rekordgeschwindigkeit nach Morzine hoch, andere taten es ihm nach. Als Alberto Contador bei Lance Armstrongs Rückkehr 2009 das Gelbe Trikot nach Paris trug, hatte ich einen Schlusstrich erwartet. Der King war nochmals Dritter geworden. Doch er hörte nicht auf. Und blamierte sich im kommenden Jahr. Was nicht weniger schlimm gewesen wäre. Aber Schwerwiegenderes war im Gange. Die US Antidopingagentur hatte es sich zum Ziel gesetzt, ein Denkmal zu stürzen. Anders als in Deutschland, wo Jan Ullrich weitgehend unbehelligt blieb, wurde Lance Armstrongs Laufbahn zerpflügt. Und am Ende blieb nichts als Schimpf und Schande, während  Leute wie Eddy Merckx und Bernard Hinault weiterhin als astrein hingestellt werden. Man erinnere sich nur an Weltmeister Tom Simpson! Aber den Franzosen hat es schon immer gefallen, sich von den Amerikanern den Arsch retten zu lassen und anschließend die Hochnäsigkeit einer Grande Nation zu offenbaren. Worüber man gerne lachen darf, denn bis auf den Sieg am 14. Juli, der natürlich glorifiziert wird, hatte die Gastgebernation eher die Statistenrolle bei der Jubiläumstour inne. Chris Froome gewann eindrucksvoll im Stile alter Champions. Einige davon wurden gestrichen, andere hält man am Leben obwohl man weiß, dass sie mit dem gleichen Maßstab gemessen ebenso untergehen müssten. Zur 100. Tour wurden alle Finisher eingeladen. Armstrong nicht. Zugrunde gerichtet von den Klingen seiner Scharfrichter. Und doch noch immer ein Mensch. Jeder Massenmörder wird heutzutage gnädiger hofiert. Solange er nicht Lance Armstrong heißt. Mein Held. Auch heute noch!