Dienstag, 6. September 2011

Apokalypto

Als Schauspieler war Mel Gibson einer der erfolgreichsten Leinwanddarsteller in den 80er und 90er Jahren. Die „Mad Max“ Trilogie, „Lethal Weapon“ oder „Braveheart“ waren Meilensteine seines Schaffens als Actionheld. Aber auch in Charakterrollen wie in „Meuterei auf der Bounty“ vermochte Mel Gibson zu glänzen. Privat geriet der konservative Akteur durch seine teils durchaus bedenklichen Aussagen immer wieder ins Fadenkreuz der Kritik. So wie auch durch seine aufsehenerregenden Regiearbeiten. In „Die Passion Christi“ schilderte er den Leidensweg Jesu derart drastisch, dass es weltweite Empörung nach sich zog. Der in aramäischer Originalsprache gedrehte Film gilt trotz der kontroversen Diskussionen heute als episches Meisterwerk der Filmkunst. Und mit „Apokalypto“ verhält es sich nicht anders.
Die Handlung des in einer alten Mayasprache vertonten Streifens ist schnell erzählt. Kurz vor Ankunft der ersten spanischen Konquistadoren um 1500 lebt der Jäger „Pranke des Jaguar“ mit seiner Familie in einem kleinen Dorf im mittelamerikanischen Regenwald. Das archäische Leben wird jäh gestört, als ein Trupp Menschenjäger die Siedlung heimsucht und die Bewohner entweder tötet oder gefangen nimmt. Dem Helden der Geschichte gelingt es, Frau und Kind in Sicherheit zu bringen, ehe er sich in einer aneinander gebundenen Sklavenkarawane wiederfindet. „Leitwolf“, der Anführer der Menschenhändler, verschleppt die Gefangenen in eine große Maya-Stadt, wo sie dem Sonnengott geopfert werden sollen. Auf dem beschwerlichen Weg dorthin, vorbei an einer geschundenen, ausgebeuteten Natur, wird „Leitwolf“ und seinen Leuten eine düstere Prophezeiung zuteil, die sich bis zum Ende der Handlung Stück für Stück erfüllt. In der Metropole angekommen, offenbart sich ein Bild des Schreckens. Ein Hohepriester opfert, an der Spitze einer Pyramide stehend, im Minutentakt Menschen und stößt die toten Leiber die steilen Stufen hinab. Die letzte Stunde von „Pranke des Jaguar“ scheint heran gebrochen, doch als er mit blauer Farbe beschmiert auf den Opfertisch gelegt wird, verfinstert sich die Sonne, um kurz darauf wieder zu erscheinen. Dies wird als Zeichen dafür gedeutet, dass genug Blut geflossen ist und die Götter besänftigt sind. „Leitwolf“ ist darüber keineswegs erfreut und führt seine Gefangenen zu einem rituellen Ballspielplatz, wo sie nacheinander mit Speeren getötet werden. „Pranke des Jaguar“ kann durch Zufall entkommen und flieht zurück in den Dschungel. Es beginnt eine mörderische Jagd, der nach und nach alle Häscher zum Opfer fallen. Letztlich endet die Hatz an einem idyllischen Strand, wo gerade spanische Schiffe vor Anker gehen, was den endgültigen Niedergang der Hochkultur der Maya manifestiert. „Pranke des Jaguar“ findet Frau und Kind und verschwindet auf Nimmerwiedersehen in den Tiefen des Urwalds.
Kritiker führen an, dass die verwendete Sprache linguistisch nicht einwandfrei ist. Zudem habe es bei den Mayas kein Massenschlachten von Menschen gegeben. Vielmehr wären Blutopfer Teil eines komplexen religiösen Rituals gewesen. Ja, manch einer verstieg sich sogar dazu, den Film als rassistisch zu bezeichnen. Seriös betrachtet handelt es sich bei „Apokalypto“ um einen Film mit jeder Menge Zivilisationskritik. Übervölkerte Städte, Monokulturen, Raubbau, Hungersnöte, Seuchen. Bildgeladen, emotional, anmutig. Diese Adjektive beschreiben das vom „New Yorker“ als pathologisches Kunstwerk bezeichnete Epos über eine dem Untergang geweihte Zivilisation wohl am besten. Unbedingt sehenswert.