Donnerstag, 21. April 2011

Der NATO-Doppelbeschluss

Zur Vorgeschichte: Nach dem 2. Weltkrieg wurden taktische Atomwaffen aus Angst vor einem konventionellen Militärschlag auf Westeuropa zur Abschreckung der Sowjetunion installiert. Reaktion war, daß nun auch die Russen ihrerseits Interkontinentalraketen auf Ziele außerhalb des Warschauer Paktes richteten. Das Wettrüsten hatte begonnen. Nach einer kurzen Phase der Entspannung anfangs der 70er Jahre begann die UdSSR 1976 damit, ihre alten Waffen durch moderne, mobile SS-20 Raketen zu ersetzen. Die NATO (Nordatlantikpakt) sah darin eine massive Bedrohung der Sicherheit in Westeuropa, da diese Raketen dazu geeignet waren, die eigenen Atombasen zu zerstören. Der Westen wurde dadurch de facto erpreßbar. Daher wurde 1979 der NATO-Doppelbeschluß gefaßt. Dieser sah einerseits die beidseitige Begrenzung atomarer Mittelstreckenraketen vor. Für den Fall, daß in diesem Punkt keine Einigung erzielt wurde, kündigte man andererseits die Stationierung von weit über 500 Pershing II und Tomahawk-Raketen in Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien und den Niederlanden an. Nun, die diesbezüglichen Verhandlungen scheiterten fast erwartungsgemäß (nicht zuletzt auch wegen dem Einmarsch der UdSSR in Afghanistan) und die Sowjets begannen nun ihrerseits mit Planungen, ihre Stellungen im Ural, Weißrußland und den Karpaten auf die DDR und CSSR auszuweiten. Der Höhepunkt des Wettrüstens war erreicht. Die USA unter Präsident Reagan arbeiteten unterdes an Geheimprogrammen, die auf einen Gewinn eines Atomkrieges abzielten. Durch „Enthauptung“ der Sowjetführung und Ausschaltung der russischen Zweitschlagsfähigkeit. Dabei wurden Millionen von Opfern in Europa einkalkuliert. Die wieder erstarkte Friedensbewegung kreierte dafür den Begriff „Euroshima“. Aller Proteste zum Trotz wurde der NATO-Doppelbeschluß umgesetzt. Doch die Geschichte meinte es gut mit uns. Aufgrund der anhaltenden Wirtschaftskrise in der Sowjetunion mußte Gorbatschow einlenken. Die Aufrüstung war nicht mehr finanzierbar. Und so wurde 1987 in Reykjavik der INF-Vertrag zum Abbau nuklearer Waffen unterzeichnet. Aus heutiger Sicht hat der NATO-Doppelbeschluß einiges verändert. Er hat die politische Landschaft durcheinander gewirbelt. Die Grünen im Zuge der massiven Proteste dagegen in den deutschen Bundestag gebracht. Und er hat letztendlich, wenn auch nicht auf diesem Wege geplant, die Bedrohung durch die russischen Raketen beseitigt. Vorläufig. Denn durch die einseitige Aufkündigung der ABM-Verträge durch die USA wird über kurz oder lang neues Ungemach auf uns alle zukommen.

Donnerstag, 14. April 2011

Quo vadis, Hellas?

Nun, wer schätzt es nicht, das Land an den Gestaden der Ägäis? Die Heimat von Platon, Homer und Sokrates. Die Wirkstätte der Spartaner, Minoer und Makedonier. Das Füllhorn aller Mythologie, die Geburtsstätte der Demokratie und der Olympischen Spiele. Wer mag ihn nicht, den Wein, den Feta, die Oliven? Griechenland ist eine der Wiegen unserer Zivilisation. Der Ausgangspunkt zu einer Welt, die auf jenen Werten beruht. Blickt man heute auf diesen Staat, so vermag man fast nicht mehr daran glauben. Marodierende Chaoten, die Athen oder Saloniki in regelmäßigen Abständen verwüsten. Ein von Korruption ausgehöhlter Staatsapparat, der sich in allen Ecken des öffentlichen Lebens festgesetzt hat. Ein Land, das mit verbundenen Augen auf den Bankrott zusteuert. Griechenlands Mißwirtschaft gefährdet sowohl den Euro, wie auch die Europäische Union als Ganzes. Die Krise ist hausgemacht. Alleine die Tatsache, daß ein Viertel (!) aller erwerbstätigen Hellenen dank Vetternwirtschaft einen Staatsposten bekleiden, spricht Bände. Zudem werden fast keine Steuern entrichtet. Wie auch, wenn Verwandte in den Finanzbehörden sitzen und den Betrug gegen andere Gefälligkeiten unterstützen? Zustände, die einer Bananenrepublik gleichen. Aber die Griechen sind durchaus erfinderisch. So erschlich man sich die Eintrittskarte in den Euro-Raum mittels gefälschter Bilanzen, die von den langatmigen Eurokraten in Brüssel wohlwollend durch gewunken wurden. Nun, da kein Zahlenjongleur mehr die bittere Wahrheit über den Staatssäckel verschleiern konnte, wurde die EU doch aufmerksam. Und die Dramatik der Lage lässt seit Aufdeckung dieser Missstände keine Wünsche offen. Die Verschuldung ist so enorm, daß es kaum Hoffnung gibt, den Karren noch aus dem Dreck zu ziehen. Also nahm man Griechenland als ersten desolaten Staat unter den sogenannten Rettungsschirm. Andere folgten. Was für Hellas galt, muss nun auch für sie gelten. Zahlen tut’s der „kleine Mann“ in jenen Staaten, die sich an die Kriterien gehalten und nicht ihre Kohle zum Fenster hinausgeworfen haben. Die Zeche, die in den griechischen Amtsstuben versoffen wurde. Dabei kann es einem schon den Magen umdrehen. Und die Griechen selbst? Die schäumen seitdem vor Wut, da man sie tatsächlich zum Sparen aufgefordert hat. Und schlagen mal wieder alles kurz und klein. „Die ich rief die Geister, werd ich nun nicht los.“ So schrieb es Goethe im Zauberlehrling. Und so geht es auch der Europäischen Union. Denn man hat es verabsäumt, eine Austrittsstrategie für solche Staaten einzuplanen. In der naiven Hoffnung, alle würden sich an die Spielregeln halten. Die EU ist ein wundervolles Friedensprojekt. Als geschlossener Wirtschaftsraum funktioniert sie leider nicht. Das werden sich über kurz oder lang alle eingestehen müssen, die daran glaubten. Die Tragödie Griechenlands ist dabei, auch unsere zu werden. Und wie immer sind wir den Mächten der alles verschlingenden Finanzwelt ausgeliefert. Eine Krise geht, die andere kommt. Und so ganz nebenbei heizt sich unser Planet auf wie eine Sauna. Wer auf die Zukunft anstoßen will, sollte es vielleicht mit griechischem Wein versuchen. Das hat zumindest etwas Ironie.