Samstag, 31. Dezember 2011

A. D. 2011

Das Jahr des Herrn 2011 ist zu Ende und bietet sich sogleich auch als Objekt einer kurzen Rückschau an. Nun, die TV-Anstalten taten ohnehin alles, um eine Chronologie des Wahnsinns Revue passieren zu lassen. Es erübrigt sich daher, dem eine weitere Fußnote hinzuzufügen. Was 2011 als durchaus interessantes und lehrreiches Jahr erscheinen lässt, mag dennoch kurz zusammengefasst werden. Dauerbrenner war das liebe Geld, das in gasförmiger Form dem lieben Santa Claus im Schornstein entgegenkam. Dem gegenüber stand eine wahre Orgie des Blutvergießens. Was aber kaum noch jemanden schockiert hat. Der Blick aufs Bankkonto ließ keine Zeit für so härene Gefühle wie Mitleid oder Trauer. Ja in Zeiten, wo der Anstand von der Woge des Zeitgeists über Bord gespült wird, hat nichts mehr Gültigkeit. Einzig der klare Trend zur Radikalisierung in weiten Teilen der Welt. Tea-Party in den USA, Steinzeitkommunismus in Nordkorea, Islamismus beinahe allerorten. Dazu Raubtierkapitalismus, die Vernichtung Afrikas und eine Tragödie, in die sich Europa selbst hineinmanövriert. Durch immer weniger Bildung und immer mehr unsinniger Technologie, die Menschen dazu bringt, ihr Gehirn endgültig abzuschalten. Ganz zu schweigen von einer linken Protest(un)kultur, die jeglichen Respekt verloren hat und der rechten Antwort darauf. Siehe Breivik und NSU. Es ist müßig all das aufzuzählen, was 2011 passiert ist, weil dieses Jahr nur in einer Reihe von Jahren steht, die uns wieder zurück auf Null bringen wird. Oder glaubt jemand ernsthaft noch an das, was man sich in Durban zum Ziel gesetzt hat? Wir werden vor die Hunde gehen. Das ist mittlerweile beschlossene Sache. Daran kann weder ein grüner Protestphantast noch der engagierte Manager etwas ändern. China steht erst am Anfang einer Industrialisierung, der wir letztlich alle zum Opfer fallen werden. Noch bevor sich Osama Bin Ladens Wahntheorien realisiert haben. Oder der Iran uns die Atombombe auf den Kopf schmeißt. In diesem Sinne – ein glückliches neues Jahr!

Mittwoch, 30. November 2011

Völkerball

Aus Spiel wird Ernst. So oder so ähnlich könnte man das bewerten, was uns derzeit umgibt. Deutschland hat sich beispielsweise als Protestnation etabliert. Wir sind gegen einen Bahnhof, wir sind gegen einen Flughafen, wir sind gegen die Einhaltung gültiger Verträge, wir sind gegen uns selbst. Da mag es schwer sein, so ein Land noch als zuverlässigen Partner einzustufen. Nun ja, der Protest hat ja längstens als linkes Allheilmittel zur Machtergreifung Schule gemacht. Freilich um sämtliche reelle Lösungsvorschläge schuldig zu bleiben. Occupy revoltiert gegen die Märkte, Grün gegen die Atomwirtschaft und die Netzgemeinschaft gegen alles. Ja, so werden wir gewiss weiterkommen. Was uns das linke Gutmenschentum allen aufbürdet, kann man gerade in Norwegen live miterleben. Ein 77-facher Mörder wird nicht etwa zu zig-facher lebenslänglicher Haft vor Gericht gestellt. Nein, er ist unzurechnungsfähig. Trotz mehrjähriger Planung des Verbrechens. Nun, was soll man dazu noch sagen? Massenmörder bekommen keinen Prozess, Kindermördern wird die juristische Rutsche gelegt. Dazwischen wirtschaftet ein Staat ab, der einst als Wiege der Demokratie gegolten hat, heute aber nur noch als Streikhochburg herhalten kann. In den USA gewinnen Rechtspopulisten die Oberhand, in Italien eine nicht legitimierte Bankerregierung. Spaniens Jugend kotzt uns vor die Füße, Irland glaubt gerettet zu sein und Österreich? Ja, wir machen immer dort weiter, wo alles andere gescheitert ist. Im Proporz, in der Machterhaltung. Dem Stimmvieh sei Dank!

Freitag, 21. Oktober 2011

Lockerbie

Aus aktuellem Anlass möchte ich auf ein Thema eingehen, dass unsere Zeit mehr prägt wie jedes andere. 1988 wurde eine Maschine der amerikanischen Fluglinie PanAm über dem schottischen Dorf Lockerbie zur Explosion gebracht, wobei 270 Menschen ihr Leben lassen mussten. Einer der libyschen Attentäter, 2001 zu lebenslanger Haft verurteilt, wurde acht Jahre später von einem britischen Gericht begnadigt und auf freien Fuß gesetzt. Krebs im Endstadion war diagnostiziert worden. Ein humanitärer Akt, der einmal mehr von der arabischen Welt als Schwäche des Westens ausgelegt wurde. Wie sonst war der Empfang dieses Massenmörders vor einer johlenden Menge in Tripolis zu erklären? Inzwischen hat sich in Gaddafis Reich einiges geändert. Der Machthaber wurde nach einem blutigen, monatelangen Kampf von Aufständischen getötet. Ein Hauch von Freiheit weht seitdem über der nordafrikanischen Wüste. Bleibt abzuwarten, ob mit dem Revolutionsführer auch alle anderen bösen Geister verschwunden sind, oder ob sich nur neue Despoten installieren werden. Man wird sehen. Eines bleibt aber trotz des sogenannten „Arabischen Frühlings“ festzuhalten. Ob dieser nun scheitert oder nicht. Gab es nach dem 2. Weltkrieg den Konflikt zwischen Ost und West, so stehen sich in diesen Tagen verstärkt Orient und Okzident gegenüber. Und der Orient nutzt jede Gelegenheit, diesen Konflikt anzuheizen. So hat etwa vor nicht allzu langer Zeit eine völlig unbedeutende dänische Zeitung die Gefühle der arabischen Völker angeblich zutiefst verletzt. Durch den Abdruck einiger Karikaturen. Da hatten die Flaggenhändler in Teheran, Damaskus oder Gaza Hochkonjunktur. Die Fahnen konnten gar nicht so schnell verbrannt wie geliefert werden. Ich erinnere mich auch noch gut an die Bilder im Westjordanland nach den Anschlägen vom 11. September. Da wurde richtiggehend gefeiert. Und brannten daraufhin in London, Paris oder Washington die arabischen Botschaften? Nein. Natürlich nicht. Die Regierungen im nahen Osten, ob nun ausgewechselt oder nicht, versuchen stets durch Hetz- und Hasskampagnen die Menschen aufzuwiegeln und von den wahren Problemen abzulenken. Länder wie der Iran oder Saudi-Arabien könnten schon dank ihrer großen Bodenschätze unsagbar reich sein. Doch stattdessen herrscht Misswirtschaft und Korruption. Das eigene Volk wird bestohlen und der Westen schließlich als der Täter dargestellt. Solange das Bildungsniveau in solchen Ländern niedrig gehalten wird, wird sich daran auch nichts ändern. Die Massen werden weiterhin mit entflammten Strohpuppen durch die Straßen ziehen, während sich die Mächtigen die Hände reiben. Aber auch der Westen trägt einen Gutteil Schuld an diesem Dilemma. Mit utopischen Versuchen, Staaten wie den Irak oder Afghanistan zu demokratisieren. Wir wären gut beraten, jedes Volk nach seinem Ursprung, seiner jahrhundertealten Fasson gewähren zu lassen. Das würde viele Konflikte im Keim ersticken. Hüben wie Drüben. Vielleicht setzt sich dann einmal die Menschlichkeit durch. Und Mörder werden nicht mehr als Helden gefeiert. Sondern fahren dort hin, wo sie hingehören.

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Tag der Einheit

Die „Glory Night“, wie sie die Scorpions heraufbeschworen hatten, ist seit 1990 Deutschlands wichtigster Feiertag. 3. Oktober, der Tag der Einheit. Aber auch ein markanter Tag für den Weltfrieden. Ich würde die deutsche Einheit als das größte Friedensprojekt seit 1945 bezeichnen. Vielleicht sogar noch mehr. Ein Rückblick auf die damalige Zeit versteht sich von selbst. Auf die friedlichen Proteste in Leipzig und Dresden, die den Machthabern in Berlin-Ost immer schwerer zusetzten. „Wir sind das Volk!“. Dieser Slogan wird in ewiger Erinnerung bleiben. Möglich wurde die Einheit aber nur durch einen Mann. Michail Gorbatschow. Reformer des untergehenden Sovietschiffes. Perestroika oder Glasnost seine Schlagwörter. Aber einer wußte es besser. Der damalige westdeutsche Bundeskanzler Helmut Kohl. Er wußte, wie schwer dieses Schiff bereits in Seenot war. Und wie kurz sich die Zeit für die Interessen Deutschlands belief. Auf Gorbis Datscha im Kaukasus wurde es besiegelt. Kurz bevor der Generalsekretär entmachtet wurde. Und alles Makulatur gewesen wäre. Es kam das zusammen, was zusammen gehörte. Mit all den Problemen, die sich aus jahrzehntelanger Teilung zwangsläufig ergaben. Der dicke Pfälzer Kohl hatte „blühende Landschaften“ im Osten versprochen. Bis heute ist davon wenig zu sehen. Aber er hat etwas geschafft, was viel bemerkenswerter ist. Er hat sich trotz seiner Leibesfülle durch eine Tür gezwängt, die nur sehr kurz offen stand und heute landläufig als „Deutsche Einheit“ bezeichnet wird.

Dienstag, 6. September 2011

Apokalypto

Als Schauspieler war Mel Gibson einer der erfolgreichsten Leinwanddarsteller in den 80er und 90er Jahren. Die „Mad Max“ Trilogie, „Lethal Weapon“ oder „Braveheart“ waren Meilensteine seines Schaffens als Actionheld. Aber auch in Charakterrollen wie in „Meuterei auf der Bounty“ vermochte Mel Gibson zu glänzen. Privat geriet der konservative Akteur durch seine teils durchaus bedenklichen Aussagen immer wieder ins Fadenkreuz der Kritik. So wie auch durch seine aufsehenerregenden Regiearbeiten. In „Die Passion Christi“ schilderte er den Leidensweg Jesu derart drastisch, dass es weltweite Empörung nach sich zog. Der in aramäischer Originalsprache gedrehte Film gilt trotz der kontroversen Diskussionen heute als episches Meisterwerk der Filmkunst. Und mit „Apokalypto“ verhält es sich nicht anders.
Die Handlung des in einer alten Mayasprache vertonten Streifens ist schnell erzählt. Kurz vor Ankunft der ersten spanischen Konquistadoren um 1500 lebt der Jäger „Pranke des Jaguar“ mit seiner Familie in einem kleinen Dorf im mittelamerikanischen Regenwald. Das archäische Leben wird jäh gestört, als ein Trupp Menschenjäger die Siedlung heimsucht und die Bewohner entweder tötet oder gefangen nimmt. Dem Helden der Geschichte gelingt es, Frau und Kind in Sicherheit zu bringen, ehe er sich in einer aneinander gebundenen Sklavenkarawane wiederfindet. „Leitwolf“, der Anführer der Menschenhändler, verschleppt die Gefangenen in eine große Maya-Stadt, wo sie dem Sonnengott geopfert werden sollen. Auf dem beschwerlichen Weg dorthin, vorbei an einer geschundenen, ausgebeuteten Natur, wird „Leitwolf“ und seinen Leuten eine düstere Prophezeiung zuteil, die sich bis zum Ende der Handlung Stück für Stück erfüllt. In der Metropole angekommen, offenbart sich ein Bild des Schreckens. Ein Hohepriester opfert, an der Spitze einer Pyramide stehend, im Minutentakt Menschen und stößt die toten Leiber die steilen Stufen hinab. Die letzte Stunde von „Pranke des Jaguar“ scheint heran gebrochen, doch als er mit blauer Farbe beschmiert auf den Opfertisch gelegt wird, verfinstert sich die Sonne, um kurz darauf wieder zu erscheinen. Dies wird als Zeichen dafür gedeutet, dass genug Blut geflossen ist und die Götter besänftigt sind. „Leitwolf“ ist darüber keineswegs erfreut und führt seine Gefangenen zu einem rituellen Ballspielplatz, wo sie nacheinander mit Speeren getötet werden. „Pranke des Jaguar“ kann durch Zufall entkommen und flieht zurück in den Dschungel. Es beginnt eine mörderische Jagd, der nach und nach alle Häscher zum Opfer fallen. Letztlich endet die Hatz an einem idyllischen Strand, wo gerade spanische Schiffe vor Anker gehen, was den endgültigen Niedergang der Hochkultur der Maya manifestiert. „Pranke des Jaguar“ findet Frau und Kind und verschwindet auf Nimmerwiedersehen in den Tiefen des Urwalds.
Kritiker führen an, dass die verwendete Sprache linguistisch nicht einwandfrei ist. Zudem habe es bei den Mayas kein Massenschlachten von Menschen gegeben. Vielmehr wären Blutopfer Teil eines komplexen religiösen Rituals gewesen. Ja, manch einer verstieg sich sogar dazu, den Film als rassistisch zu bezeichnen. Seriös betrachtet handelt es sich bei „Apokalypto“ um einen Film mit jeder Menge Zivilisationskritik. Übervölkerte Städte, Monokulturen, Raubbau, Hungersnöte, Seuchen. Bildgeladen, emotional, anmutig. Diese Adjektive beschreiben das vom „New Yorker“ als pathologisches Kunstwerk bezeichnete Epos über eine dem Untergang geweihte Zivilisation wohl am besten. Unbedingt sehenswert.

Freitag, 29. Juli 2011

Humanismus oder Gutmenschentum

Der Begriff des Humanismus umfasst im Allgemeinen eine Weltanschauung, die auf Toleranz, Gewalt- und Gewissensfreiheit basiert. Die Würde des Individuums und die Menschlichkeit an und für sich stehen an oberster Stelle. Durch alle Zeiten und geschichtlichen Epochen hindurch griffen Gelehrte dieses Thema auf. Selbst den Römern entzog es sich nicht. Wenngleich die es nur auf eine verschwindende Minderheit umsetzten. Der Durchbruch dieser Idee gelang sicherlich in der Renaissance mit Thomas Morus oder Erasmus von Rotterdam. Theologen, die erstmals in Opposition zur gängigen Haltung der Kirche gingen und den Weg zur Reformation bereiteten. In der Moderne sagen mir persönlich die Thesen des französischen Philosophen Jean-Paul Sartre am ehesten zu. „Der Mensch tritt in die Welt ein und erst dann entwirft bzw. erfindet er sich selbst. Der Mensch ist nichts anderes als das, wozu er sich in seiner totalen Freiheit macht. Deshalb ist er auch für das, was er ist, verantwortlich. Dies verleiht ihm seine Würde.“ Ich finde diese Definition großartig. Wenngleich ich gerade jüngeren Menschen die weiteren Ausführungen Sartres weniger ans Herz lege. Da sie vielleicht doch etwas zu entmutigend sind. Der Humanismus hat sich durchgesetzt. Wurde in die Präambel der Vereinten Nationen aufgenommen. In die Verfassungen der meisten Staaten dieser Erde. Und er ist Basis der Menschenrechtskonvention. Leider wird diese wundervolle Idee immer wieder mit einem Begriff vermischt, den ich der Einfachheit halber Gutmenschentum nennen will. Also jene Geisteshaltung, die dazu neigt, alles und jeden uneingeschränkt zu tolerieren. Noch weit über Gandhis Gewaltverzicht hinaus. Diese Haltung finde ich kontraproduktiv. Ja, vielleicht sogar gefährlich. Denn das Gesetz darf niemals weichen. Gerade in Europa dieser Tage erlebt man aber einen Trend in genau diese Richtung. In ausufernden Liberalismus, der kaum noch Tabus kennt und damit die Hemmschwellen sinken lässt. Dem Gegenüber stehen wiederum reaktionäre, also rückwärtsgerichtete Elemente. In manchen Gegenden der Vereinigten Staaten wird man zum „Gutmenschen“ verteufelt, wenn man sich gegen die Todesstrafe wendet. Nun, der ideale Weg liegt wie üblich in der Mitte. In einer aufgeschlossenen Gesellschaft, die Andersdenkende, Andersaussehende akzeptiert. Im Rahmen der Gebote, die uns letztlich alle schützen sollen.

Sonntag, 5. Juni 2011

Aufstieg zum Mont Ventoux

Der Aufstieg der Aufstiege. Der große Steinhaufen inmitten der Provence. Der kahle Berg. Und Armstrong hat es 2009 allen Unkenrufern nochmals gezeigt. Doch mit dem Mont Ventoux ist auch eine andere, weitaus bittere Geschichte verbunden. 1967 kam der ehemalige Straßenweltmeister Tom Simpson kurz vor der Gipfelpassage zu Tode. Fiel einfach vom Rad. Nach tagelanger Einnahme von Amphetaminen. Gemischt mit jeder Menge Schnaps. Zu Zeiten, wo Doping noch nicht geächtet war. Wo sich die Fahrer während des Rennens noch Stimulationsspritzen setzten. Erst Jahre später kam es zum Umdenken. Und seitdem steht der Radsport an erster Stelle bei den Dopingfahndern. Eine ganze Sportart in Geiselhaft der Moralapostel. Nirgends sonst wird so hart und rigide kontrolliert wie bei den Helden der Landstraße. Und dadurch werden auch immer wieder Sünder entlarvt. Mit dem Ergebnis, daß Sendeanstalten ihre Berichterstattung aufgaben oder stark einschränkten. Der Radsport steht am Pranger. Als willfähriges Bauernopfer. Die Sportler werden verfolgt. In Italien sogar gejagt. Man würde sich wünschen, daß die dortige Justiz einen solchen Eifer bei der Ermittlung gegen das organisierte Verbrechen an den Tag legen würde. Oder gegen einen Ministerpräsidenten, der jeden Widerspruch im Keim ersticken läßt. Stattdessen durfte der Spanier Valverde bei einer der letzten Tour de France Austragungen nicht teilnehmen, weil sie ein paar Kilometer auch auf italienischen Boden führte. Und er dort zur Persona non grata erklärt wurde. Der Staatsbesuch vom libyschen Revolutionsführer Gadaffi stellte dagegen kein moralisches Problem dar. Lang lebe die Scheinheiligkeit! Doch hält man sich die Bilder der letzten Tage vor Augen, erkennt man, wie populär dieser Sport nach wie vor bei den Menschen ist. Mit welchem Fanatismus die Massen ihre Helden anfeuern. Unweigerlich kommen die Erinnerungen an alte Tage zurück. An die Auftritte von Hinault, Indurain oder Pantani. Den Protagonisten der führenden Radsportnationen vor der Ära des Texaners Lance Armstrong. Doping wird es im Leistungssport immer geben. Damit muß man sich als geneigter Zuschauer abfinden. Wie sonst sind die schier grenzenlosen Erfolge der Chinesen bei ihren Heimspielen 2008 zu erklären? Doch nur deshalb, weil sie den Fahndern immer einen Schritt voraus waren. Und sich an Experimente a la Gendoping heranwagten. Nun, wenn man bedenkt, was ein Menschenleben in der Volksrepublik wert ist. Nur hat da niemand Zeter und Mordio geschrieen. Haben keine Sender ihre Berichterstattung abgebrochen. The show must go on. Vor allem, wenn man was für den eigenen Seelenfrieden getan hat. Sich ein Alibi verschaffte. Indem man den Radsport in die Pfanne gehaut hat.

Donnerstag, 2. Juni 2011

Verschwörungstheorie Mondlandung

Wie jedes große Ereignis der Zivilisation hat auch die Mondlandung 1969 die Verschwörungs-theoretiker auf den Plan gerufen. 1000 Zweifel sind vorgebracht worden. 1000-mal wurden sie von hochkarätigen Wissenschaftern zerstreut. Doch das reichte niemals aus. Ich finde es schändlich, wie mit dem Andenken von Menschen umgegangen wird, die im Dienste der Raumfahrt ihr Leben gelassen haben. Den Menschen, die in den Projekten Mercury, Gemini, Soyuz, Apollo oder Spaceshuttle eingesetzt wurden. Noch jetzt klingt mir der letzte verzweifelte Hilferuf des Apollo 1 Commanders in den Ohren. „Houston. Wir verbrennen!“. Dann war nur noch Stille. Ich bin es leid, ewig die Verschwörungstheorien zu widerlegen. Weil es dumm ist. Oder glaubt jemand ernsthaft, man hat 400.000 ins Apollo-Projekt involvierte Personen zum Schweigen bringen können? Neil Armstrong war im Juli 69 als erster Mensch auf dem Mond. Dem vierten Pol. Nach Peary am Nordpol, Amundsen am Südpol und Hillary/Norgay am Everest. Wer es nicht glaubt, dem kann ich nicht helfen. Weil er dadurch eine der größten Leistungen unserer Rasse negiert. Ein Argument zum Schluss. Die Theoretiker haben beanstandet, dass im Hintergrund von Edwin Aldrins Foto am Mond keine Sterne zu sehen waren. Nehmt in einer sternenklaren Nacht einen Eurer Lieben vor die Kamera und fotografiert ihn (sie) vorm Firmament. Ich garantiere Euch, dass am Foto keine Sterne zu sehen sein werden. Egal, welche Kamera ihr auch immer verwendet. Erst nach einer Stunde Belichtungszeit wäre das möglich. Nach den Verschwörungstheoretikern hätte Aldrin also eine Stunde in völliger Ruhe verharren müssen, um ein von diesen Idioten gefordertes Foto zur Erde retour zu bringen. Fragen?

Donnerstag, 21. April 2011

Der NATO-Doppelbeschluss

Zur Vorgeschichte: Nach dem 2. Weltkrieg wurden taktische Atomwaffen aus Angst vor einem konventionellen Militärschlag auf Westeuropa zur Abschreckung der Sowjetunion installiert. Reaktion war, daß nun auch die Russen ihrerseits Interkontinentalraketen auf Ziele außerhalb des Warschauer Paktes richteten. Das Wettrüsten hatte begonnen. Nach einer kurzen Phase der Entspannung anfangs der 70er Jahre begann die UdSSR 1976 damit, ihre alten Waffen durch moderne, mobile SS-20 Raketen zu ersetzen. Die NATO (Nordatlantikpakt) sah darin eine massive Bedrohung der Sicherheit in Westeuropa, da diese Raketen dazu geeignet waren, die eigenen Atombasen zu zerstören. Der Westen wurde dadurch de facto erpreßbar. Daher wurde 1979 der NATO-Doppelbeschluß gefaßt. Dieser sah einerseits die beidseitige Begrenzung atomarer Mittelstreckenraketen vor. Für den Fall, daß in diesem Punkt keine Einigung erzielt wurde, kündigte man andererseits die Stationierung von weit über 500 Pershing II und Tomahawk-Raketen in Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien und den Niederlanden an. Nun, die diesbezüglichen Verhandlungen scheiterten fast erwartungsgemäß (nicht zuletzt auch wegen dem Einmarsch der UdSSR in Afghanistan) und die Sowjets begannen nun ihrerseits mit Planungen, ihre Stellungen im Ural, Weißrußland und den Karpaten auf die DDR und CSSR auszuweiten. Der Höhepunkt des Wettrüstens war erreicht. Die USA unter Präsident Reagan arbeiteten unterdes an Geheimprogrammen, die auf einen Gewinn eines Atomkrieges abzielten. Durch „Enthauptung“ der Sowjetführung und Ausschaltung der russischen Zweitschlagsfähigkeit. Dabei wurden Millionen von Opfern in Europa einkalkuliert. Die wieder erstarkte Friedensbewegung kreierte dafür den Begriff „Euroshima“. Aller Proteste zum Trotz wurde der NATO-Doppelbeschluß umgesetzt. Doch die Geschichte meinte es gut mit uns. Aufgrund der anhaltenden Wirtschaftskrise in der Sowjetunion mußte Gorbatschow einlenken. Die Aufrüstung war nicht mehr finanzierbar. Und so wurde 1987 in Reykjavik der INF-Vertrag zum Abbau nuklearer Waffen unterzeichnet. Aus heutiger Sicht hat der NATO-Doppelbeschluß einiges verändert. Er hat die politische Landschaft durcheinander gewirbelt. Die Grünen im Zuge der massiven Proteste dagegen in den deutschen Bundestag gebracht. Und er hat letztendlich, wenn auch nicht auf diesem Wege geplant, die Bedrohung durch die russischen Raketen beseitigt. Vorläufig. Denn durch die einseitige Aufkündigung der ABM-Verträge durch die USA wird über kurz oder lang neues Ungemach auf uns alle zukommen.

Donnerstag, 14. April 2011

Quo vadis, Hellas?

Nun, wer schätzt es nicht, das Land an den Gestaden der Ägäis? Die Heimat von Platon, Homer und Sokrates. Die Wirkstätte der Spartaner, Minoer und Makedonier. Das Füllhorn aller Mythologie, die Geburtsstätte der Demokratie und der Olympischen Spiele. Wer mag ihn nicht, den Wein, den Feta, die Oliven? Griechenland ist eine der Wiegen unserer Zivilisation. Der Ausgangspunkt zu einer Welt, die auf jenen Werten beruht. Blickt man heute auf diesen Staat, so vermag man fast nicht mehr daran glauben. Marodierende Chaoten, die Athen oder Saloniki in regelmäßigen Abständen verwüsten. Ein von Korruption ausgehöhlter Staatsapparat, der sich in allen Ecken des öffentlichen Lebens festgesetzt hat. Ein Land, das mit verbundenen Augen auf den Bankrott zusteuert. Griechenlands Mißwirtschaft gefährdet sowohl den Euro, wie auch die Europäische Union als Ganzes. Die Krise ist hausgemacht. Alleine die Tatsache, daß ein Viertel (!) aller erwerbstätigen Hellenen dank Vetternwirtschaft einen Staatsposten bekleiden, spricht Bände. Zudem werden fast keine Steuern entrichtet. Wie auch, wenn Verwandte in den Finanzbehörden sitzen und den Betrug gegen andere Gefälligkeiten unterstützen? Zustände, die einer Bananenrepublik gleichen. Aber die Griechen sind durchaus erfinderisch. So erschlich man sich die Eintrittskarte in den Euro-Raum mittels gefälschter Bilanzen, die von den langatmigen Eurokraten in Brüssel wohlwollend durch gewunken wurden. Nun, da kein Zahlenjongleur mehr die bittere Wahrheit über den Staatssäckel verschleiern konnte, wurde die EU doch aufmerksam. Und die Dramatik der Lage lässt seit Aufdeckung dieser Missstände keine Wünsche offen. Die Verschuldung ist so enorm, daß es kaum Hoffnung gibt, den Karren noch aus dem Dreck zu ziehen. Also nahm man Griechenland als ersten desolaten Staat unter den sogenannten Rettungsschirm. Andere folgten. Was für Hellas galt, muss nun auch für sie gelten. Zahlen tut’s der „kleine Mann“ in jenen Staaten, die sich an die Kriterien gehalten und nicht ihre Kohle zum Fenster hinausgeworfen haben. Die Zeche, die in den griechischen Amtsstuben versoffen wurde. Dabei kann es einem schon den Magen umdrehen. Und die Griechen selbst? Die schäumen seitdem vor Wut, da man sie tatsächlich zum Sparen aufgefordert hat. Und schlagen mal wieder alles kurz und klein. „Die ich rief die Geister, werd ich nun nicht los.“ So schrieb es Goethe im Zauberlehrling. Und so geht es auch der Europäischen Union. Denn man hat es verabsäumt, eine Austrittsstrategie für solche Staaten einzuplanen. In der naiven Hoffnung, alle würden sich an die Spielregeln halten. Die EU ist ein wundervolles Friedensprojekt. Als geschlossener Wirtschaftsraum funktioniert sie leider nicht. Das werden sich über kurz oder lang alle eingestehen müssen, die daran glaubten. Die Tragödie Griechenlands ist dabei, auch unsere zu werden. Und wie immer sind wir den Mächten der alles verschlingenden Finanzwelt ausgeliefert. Eine Krise geht, die andere kommt. Und so ganz nebenbei heizt sich unser Planet auf wie eine Sauna. Wer auf die Zukunft anstoßen will, sollte es vielleicht mit griechischem Wein versuchen. Das hat zumindest etwas Ironie.

Donnerstag, 31. März 2011

Tod am Südpol

Wer kennt es nicht? Hermann Melvilles Walfängerdrama „Moby Dick“. Den Kampf zwischen dem Versucher (Moby Dick) und dem Eiferer (Kapitän Ahab). Die Jagd, die von der idyllischen Insel Nantucket in die unendlichen Weiten des Ozeans führte. Und bis auf einen (Ismael), alle ins Verderben riß. Dieser unvergleichliche Roman der Weltliteratur läßt viele Interpretationen zu. Für mich persönlich stellt er eher ein Gleichnis dar. Das Streben nach dem Unbegreiflichen, dem Unfaßbaren, dem jenseits aller Vorstellungskraft liegenden, daß einen hohen Preis fordert. Einen Preis, den viele Pioniere unserer Menschheit haben zahlen müssen. So auch ein gewisser Robert Falcon Scott, dessen Geschichte eine der tragischsten der Neuzeit ist. Berühmt geworden durch das erschütternde Tagebuch, daß Suchmannschaften gefunden haben. Scott machte sich im Jahre 1910 von Southampton aus auf, um als erster Mensch den Südpol zu erreichen. Noch nicht wissend, daß ihm der Entdecker der Nordwestpassage, Roald Amundsen, bereits auf den Fersen war. Während der emotionale Brite auf einer bereits teilerkundeten Strecke sein Glück versuchte, setzte der pragmatische Norweger bei seiner Routenwahl alles auf eine Karte und vertraute auf altbewährte Mittel, die ihm bei früheren Expeditionen schon zum Ziel geführt hatten. Der Engländer erlebte auf dem Weg zum Pol ein Fiasko nach dem anderen. Die mitgebrachten Motorschlitten funktionierten nicht. Die Zugponys verendeten im eisigen Polarklima. Bei Amundsen lief hingegen alles nach Plan. Und kurz vor Weihnachten 1911 erreichte er mit seinen Gefährten und Schlittenhunden das Ziel seiner Träume, während sich Scott mit seinen Leuten bereits zu Fuß fortbewegen mußte. Und einen Monat später völlig entkräftet die norwegischen Flaggen am Pol erblickte. Von da an wußte er, daß er hier sterben würde. Und so kam es auch. Nach gnadenlosen Gewaltmärschen durch Schneestürme kam die Expedition schließlich zum Erliegen. Und ergab sich ihrem Schicksal. Ganze 18 Kilometer vom rettenden Vorratsdepot entfernt. Noch heute treibt es mir die Tränen in die Augen, wenn ich die letzten Tagebucheinträge des britischen Offiziers lese. Der Südpol wurde zu Scotts „Moby Dick“. Doch sein heroischer Kampf rührte die Menschen. Bis heute. Niemals wieder blieb ein „Zweiter“ so eindrucksvoll im Gedächtnis wie Robert F. Scott. Auf jeder Karte der Antarktis steht sein Name gleich neben dem von Amundsen. Sozusagen als ewiger Tribut. Und der Norweger? Es gab nicht Wenige, die ihn persönlich für Scotts Tod verantwortlich machten. Was natürlich Quatsch ist. Doch der Makel blieb. Trotz seiner zahllosen weiteren Erfolge in den Extremregionen unserer Erde. So gesehen war Scott Amundsens „Moby Dick“.



Montag, 21. Februar 2011

Thomas Sankara

Werfen wir einen Blick auf Westafrika. Da gab es einst einen Staat namens Obervolta. Und einen Revolutionär. Sein Name war Thomas Sankara. Niemand kennt ihn? Kein Wunder. Weil die ehemalige Schutzmacht Frankreich unter dem damaligen Präsidenten Francois Mitterand kein allzu großes Aufsehen wollte, als eine ehemalige Kolonie aus der Reihe tanzte. Die Änderung des Staatsnamens Obervolta in Burkina Faso war erst der Anfang. Sankara, als rechtmäßig gewählter Präsident, der in einem kärglichen Bau unter seinen Mitmenschen wohnte, forderte Rechenschaft von der Grande Nation. Und die antwortete ihm standesgemäß. Indem sie ihm seinen ehemaligen Wegbegleiter Blaise Campoare auf dem Hals hetzte, der ihn schließlich liquidierte und seitdem (1987) unangefochtener Herrscher des Landes ist. Burkina Faso war der erste westafrikanische Staat, der sich gegen die Jahrhunderte lange Sklavenpolitik der Franzosen aufgelehnt hatte. Mit einem Menschen als Schirmherrn, der sowohl hochintelligent als auch grundanständig war. Eine Kombination, die wir seitdem unter Afrikas Herrschern vermissen. Thomas Sankara. Ich sehe heute die Amateuraufnahmen aus Kairo vor mir, wo er für ein Afrika plädierte, dass nicht länger Sklave Europas, der Weltbank oder des Imperialismus war. Wenig später war die „Insubordination“ vorbei. Frankreich (streitet das natürlich ab) unterstützte die freundliche Sklavenpolitik Sankaras Widersacher und ließ ihn durch dessen eigene Hand ermorden. Ich unterstelle nicht nur, nein, ich weiß, dass man Westafrika sukzessive fertig macht. Mit Gammelfleischimporten aus der EU, die dank der beschämenden Armut in diesen Ländern immer noch angenommen werden. Und damit den letzten Rest an heimischer Wirtschaft zerstören. Staaten wie Frankreich glänzen mit politischer Förderung totalitärer Systeme in dieser Region. Stets mit irgendeinem Deckmäntelchen bewaffnet. Um den Fluss an spottbilligen Diamanten ja nicht abreißen zu lassen. Um mit Tod und Ausbeutung Profit zu machen. Thomas Sankara ist lange tot. Und mit ihm starb auch Westafrika. Inklusive seiner Menschen, für die ich heute beten möchte.

Dienstag, 1. Februar 2011

Der tiefe Fall Justitias

In erschreckender Regelmäßigkeit erreichen uns Meldungen über schwere, teils unfaßbar schreckliche Verbrechen, die inmitten unserer Gesellschaft stattfinden. Es ist müßig, sie alle aufzuzählen. Anhand eines dreijährigen Jungen, der kürzlich zu Tode geprügelt wurde, erkennt auch der Blindeste unter den Blinden, wie sich unsere Rechtspflege heutzutage darstellt. Der pragmatische, logisch denkende Mensch wird im Begriff Gesetz eine Ansammlung von Regeln sehen, die zum Schutz des Individuums vor zugefügten Schaden aufgestellt wurden. Betrachtet man die gängige Praxis, gewinnt man eher einen gegenteiligen Eindruck. Denn längst stehen nicht die Interessen des Opfers im Vordergrund, sondern jene des Täters. Und je grausamer sich das Verbrechen ausnimmt, desto angestrengter begibt man sich auf vermeintliche Ursachensuche, die dann seitens der Verteidigung ausgiebig ins Feld geführt wird. Das treibt teilweise kuriose Blüten. So versucht der Rechtsanwalt in oben angeführten Fall ernsthaft Zweifel an der Tatabsicht seines Mandanten zu streuen, da dieser über eine „Muskelkrankheit“ verfüge und dadurch seine Schläge nicht kontrollieren konnte. Eine solche Argumentation ist unfaßbar, weil sie das Opfer ein zweites Mal tötet. Es erscheint unbegreiflich, mit welch obskuren Mitteln versucht wird, die Taten von Mördern, Vergewaltigern und Kinderschändern zu rechtfertigen. Wer seinen Beruf auf diese Art und Weise ausübt bereitet nicht nur sich selbst Schande. Er macht sich auch zum Mittäter. Und gefährdet unsere Gesellschaft in ihren Grundfesten. Wie widerlich gerade dieser Fall ist beweißt auch die Rolle, die sogenannte Ärzte und Gutachter eingenommen haben. Nach dessen Festnahme verstieg man sich nämlich dazu, dem Täter tagelang Vernehmungsunfähigkeit zu attestieren. Fassen wir die Fakten zusammen, ergibt sich folgendes, schauerliches Bild. Ein dreijähriger Junge wird über Stunden von seinem Peiniger verprügelt, bis er tot zusammenbricht. Daraufhin flüchtet der Delinquent, wird gefaßt und ist laut Gutachten plötzlich nicht in der Lage, Fragen zum Tathergang zu beantworten. Ein profilierungssüchtiger Pflichtverteidiger sieht seine Stunde gekommen und konstruiert eine Krankheit, die das Verbrechen rechtfertigt. Fortsetzung folgt. Diese Analyse beweißt, wie rasch sich Menschen gefunden haben, die aus eigenem Interesse heraus Kumpanei mit einem Verbrecher betreiben. Unter dem schützenden Schirm des Gesetzes, das längst zum mißbrauchten Handlanger des Bösen mutiert ist. Für das Opfer ist da freilich kein Platz mehr. Nein, es verschwindet zunehmend aus der Wahrnehmung. Übrig bleibt die häßliche Fratze des Mörders, der irgendwann im Laufe des Prozesses wohl kein Mörder mehr sein wird. Und das Grinsen eines selbstzufriedenen Rechtsanwaltes der sich die ruhmvolle Heldentat zuschreiben kann, alles unternommen zu haben, um einen solchen Menschen wieder auf die Gesellschaft loszulassen. Studien belegen, daß durch höhere Strafen die Kriminalität nicht sinken würde. Dafür mag die USA durchaus ein Beispiel sein. Doch darum geht es nicht. Es geht um Schuld und Sühne. Es geht darum, dem Opfer zumindest symbolisch Gerechtigkeit zu verschaffen. Nicht darum, dem Täter eine Zukunft zu ermöglichen. Für die Angehörigen muß es wie ein Hohn sein festzustellen, daß der Mörder des Sohnes, der Tochter oder des Ehepartners nach fünf Jahren wieder frei herumläuft, während einem selbst nur ein nackter Grabstein geblieben ist. Gewiefte Rechtsverdreher, weltfremde Psychologen und unfähige Richter sitzen heute genauso mit dem Finger am Abzug wie die Kreaturen, die sie tagtäglich rauspauken, falschbegutachten und fehlbeurteilen. Treten im Einklang mit dem Täter zynisch auf die geschändeten Opfer ein. Die Justiz hat sich dem Zeitgeist angepaßt. Wendet sich hin zum ausufernden Liberalismus, der keine Moral und keine Gerechtigkeit mehr kennt. Nur noch Toleranz um jeden Preis. Auch um den Preis unserer Sicherheit. Um den Preis unser aller Leben.

Montag, 31. Januar 2011

Pitcairn - lebend oder tot

Als der Holländer Jacob Roggeveen am Ostersonntag des Jahres 1722 das Eiland Rapa Nui (Osterinsel) für seine Krone in Besitz nahm, bemerkte er im Logbuch, das wohl entlegendste Stück Land der Welt entdeckt zu haben. Einen Anspruch, den auch die Bewohner von Sankt Helena oder Tristan da Cunha für sich geltend machen. Und auch Jene einer Insel, die 1767 vom britischen Seekadetten Robert Pitcairn gesichtet wurde. Nicht zu unrecht. Aber gerade dieser Fakt machte das Eiland für einen gewissen Fletcher Christian interessant. Dem Anführer der wohl berühmtesten Meuterei in der Seefahrtsgeschichte. Dem Steuermannsgehilfen Seiner Majestät Schiff „Bounty“. Viele Legenden ranken sich um dieses Ereignis. Und vor allem Hollywood schürte sie. Etwa in der Verfilmung mit Marlon Brando und Trevor Howard, wo Captain Bligh nahezu als Dämon dargestellt wurde. Oder der Streifen mit Mel Gibson und Anthony Hopkins, wo der zusehende geistige Verfall des Schiffsverantwortlichen skizziert wurde. Die Wahrheit ist weniger blutig. Bligh war eigentlich nur Kapitänleutnant und hatte sich ständig mit Kompetenzfragen herumzuärgern. Sein Regiment war der damaligen Seefahrtsnorm durchaus angemessen. Es wird in neu aufgetauchten Dokumenten sogar als überaus milde beschrieben. Ein weitaus prosaischer Grund hat zur Meuterei geführt. Nach dem langen Aufenthalt in Tahiti, wo man Brotfrüchte für die Sklavenkolonie in Jamaika heranzog, verliebten sich viele Matrosen in die dort sehr freizügig lebenden Frauen. Auch Fletcher Christian. Dank der völlig desolaten Borddisziplin gelang es dem eher niederrangigen Christian schließlich, auf der Rückfahrt eine Meuterei vom Zaum zu brechen, im Zuge dessen Bligh und seine Gefolgschaft in der Tongasee auf einer Art Nußschale ausgesetzt wurden. Die fast 6000 Kilometer lange Fahrt des Kapitäns in den sicheren Hafen Kupang auf Timor mit primitivsten Navigationsmitteln gilt auch heute noch als Meisterstück der christlichen Seefahrt. Für die Meuterer begann eine ähnliche Odyssee. Auf Umwegen kehrte man nach Tahiti zurück, wo man aber keineswegs mehr sicher war. Mit Frauen und Proviant im Gepäck machte sich ein Teil des inzwischen zerstrittenen Haufens mit der „Bounty“ auf und suchte nach einem geeigneten Ort, wo man von der englischen Justiz nicht belangt werden konnte. Und fand ihn in der Insel Pitcairn, die auf den Karten der Admiralität nur unzureichend eingezeichnet war. Doch die Meuterei stand weiter unter einem schlechten Stern. Die Bounty wurde verbrannt, die einstigen Kameraden fielen gegenseitig über sich her. Nur einer überlebte. Der Matrose John Adams. Mit 10 Frauen und 23 Kindern. Er gilt als Urvater der Pitcairner. Jenen Menschen, die auch heute noch diese hafenlose Insel bewohnen. Mehr oder weniger abgeschnitten vom Rest der Welt. 50 Menschen, die in einem beinahe rechtsfreien Raum existieren. Was schließlich auch einen Riesenskandal heraufbeschwor. 1999 wurden jahrelange, schwere Fälle von Vergewaltigung und sexuellem Mißbrauch Minderjähriger bekannt. In einem kostenintensiven Mammutprozeß, der erst 2006 endete, wurden 6 Angeklagte verurteilt. Danach mußte eigens ein Gefängnis auf der winzigen Insel gebaut und Vollzugsbeamte aus Neuseeland eingeschifft werden. Da Pitcairn unter britischer Krone steht, war eine Verhandlung in Neuseeland nicht zugelassen worden. Pitcairn ist die reale Robinsonade. Ein Alptraum für jeden, der an die Bequemlichkeiten der Zivilisation gewöhnt ist. Ein Steinhaufen mitten im Pazifik, wo Neid und Mißgunst dem Gemeinschaftssinn gewichen sind. Und dennoch bleiben sie. Diese Handvoll Menschen. Auf Pitcairn. Lebend oder tot.