Dienstag, 18. Mai 2010

Im Würgegriff der Spekulanten

Was sich derzeit an den Finanzplätzen dieser Welt abspielt, ist mit Worten nur noch unzureichend zu beschreiben. Und wer geglaubt hat, daß aus der vorjährigen Krise irgend etwas gelernt wurde, sieht sich in Anbetracht dessen, was sich derzeit zuträgt, eines Besseren belehrt. Mußten 2009 die Banken aufgrund ihrer aus dem Ruder gelaufenen Spekulationsgeschäfte gerettet werden, sind es heuer ganze Staaten, die am Abgrund stehen. Und wer zahlt wie üblich die Zeche? Ja, ganz richtig. Der Steuerzahler, der am Wenigsten für all diese Miseren verantwortlich ist. Während sich die Geldinstitute aus der Verantwortung schleichen, wird am Euter der Melkkuh einmal mehr der letzte Tropfen abgepumpt. Mit der Griechenlandkrise und dem zu erwartenden Dominoeffekt steht nicht nur die Europäische Union als Wirtschaftsraum am Scheideweg. Denn falls der jetzt aufgespannte Rettungsschirm nicht den gewünschten Effekt haben sollte, ist eine Katastrophe für alle Mitgliedsstaaten kaum noch abwendbar. Und gerade dieses Szenario wird von einigen Spekulanten förmlich heraufbeschworen. Mit der gezielten Destabilisierung der Gemeinschaftswährung Euro hat man den Angriff auf unsere Volkswirtschaften gestartet. Von Supercomputern aus, die längst völlig unkontrolliert in immer neuen Zahlenmodellen und Algorithmen die Macht über die Finanz- und Devisenmärkte übernommen haben. Generell wird der inner- und außerbörsliche Handel heute von einer Unzahl an Transaktionen bestimmt, denen keine realen Geschäfte mehr zugrunde liegen. So manches Unwort skizziert das heutige Schreckgespenst eines längst zügellosen Kapitalismus. Leerverkäufe, toxische Papiere, Hedgefonds, Hebelhandel. Mag da noch jemand durchblicken. Und die Politik? Die streitet sich sowohl in den Nationalparlamenten, wie auch auf europäischer Ebene darüber, wie man dem entgegnen kann. Während die einen eine drastische Regulierung fordern, setzen die anderen weiterhin stur auf die Kräfte eines selbstheilenden Marktes. Ein wirkungsvoller Kompromiß ist kaum in Sicht. Und so reiben sich die Wölfe, die gerade dabei sind, Europa zu zerfleischen, genüßlich die Hände. Halten Geheimtreffen ab, wo sie darüber beratschlagen, wie man noch mehr Kasse machen kann. Wie man uns alle noch weiter ins Verderben drängen kann. Online. Mit ein paar Mausklicks. Selbst hochgeachtete Börsenexperten haben heute den Überblick über die Machenschaften und Transaktionen von sogenannten Tradern verloren. Während noch vor einigen Jahren die Aktienkurse der großen Unternehmen oft tagelang praktisch unverändert geblieben sind, unterliegen sie heute schon einmal Schwankungen von bis zu 20 % in wenigen Stunden. Verursacht durch massiven Eingriff in den Handel. Bis zu 70.000 Order werden da von Wertpapierhändlern getätigt. Aber nicht etwa pro Jahr. Nein, pro Tag. Wohin das alles führt, scheint vorprogrammiert. Jedes derart aggressive System, jede Blase, hinter der letztlich keine realen Werte stehen, muß zwangsläufig einmal platzen. Die Frage ist nur, wann es passieren wird. Und welchen Schaden es anrichtet. Denn eines ist klar. Einen dritten Rettungsschirm wird es nicht mehr geben. Weil die Staaten jetzt schon an ihren Grenzen angelangt sind. Jedem, der sein Geld vernünftig anlegen will, kann ich nur den Ratschlag eines deutschen Experten weitergeben. Nämlich in Echtgeschäfte zu investieren. In Rohstoffe, in namhafte Unternehmen. Keinesfalls in Staatsanleihen. Denn die werden die ersten sein, die den Bach runter gehen. Und wir mit ihnen.

Donnerstag, 13. Mai 2010

Echnaton, der Ketzerkönig

Eine der faszinierendsten Epochen in der Menschheitsgeschichte stellt sicherlich die Pharaonenzeit im alten Ägypten dar. Und es ist jedem nur zu empfehlen, sich einmal bei einer Reise entlang des Nils auf die Spuren dieser zwar untergegangenen, aber doch überall präsenten Kultur zu begeben. Atemberaubend die Monumentalbauten des Alten Reiches unter Herrschern wie Djoser, Cheops oder Chephren. Überwältigend die Tempel, die während der 18. und 19. Dynastie im Neuen Reich errichtet wurden. Unter so klangvollen Namen wie Thutmosis, Hatschepsut, Sethos oder Ramses. Stets im Mittelpunkt dieser Überlebenswerke aus Stein stand der allmächtige Totenkult, der in Ägypten zelebriert wurde. Heute mag es völlig irrational erscheinen, daß sich ein ganzes Volk für die Errichtung des Grabmals eines Königs einspannen ließ. Oder für den Bau riesiger Tempelanlagen, die einzig der Huldigung der Götter und dessen gottgleichen Vertreters auf Erden dienten. Aber in einer Zeit, wo wir alles zu wissen glauben, alles wissenschaftlich erklären können, ist kein Platz für Wahrnehmungen jenseits dieser Welt. Für die alten Ägypter hingegen stellte die Religion, der feste Glaube an ein jenseitiges Leben, ein unumstößliches Faktum dar. Der Tod war sozusagen ihr Lebenselixier. Mit festen, unumstößlichen Abläufen. Mit einer ganzen Heerschar an Göttern, die für alles sorgten, was dies- und jenseits der Nilufer von Nöten war. Mit dem Sonnengott Amun-Re an ihrer Spitze. Bis es schließlich um 1350 v. Chr. zu einer ungewöhnlichen Reform kam. Der neu inthronisierte Pharao Amenophis IV. brach mit allen Regeln. Entmachtete die immer einflußreicher gewordenen Hohepriester, zog aus der Hauptstadt Theben aus, errichtete beim heutigen Amarna eine neue, auf dem Reißbrett entworfene Metropole und setzte Amun-Re und seine Untergottheiten ab. Der Pharao nannte sich von nun an Echnaton und erhob den mit einer Sonnenscheibe dargestellten Aton zum Staatsgott, der nur noch wenige andere, kleinere Gottheiten neben sich dulden mußte. Die verhaßten Priester wurden aus den Tempeln verjagt und Echnaton fungierte von da an gemeinsam mit seiner Gemahlin Nofretete als direktes Verbindungsglied zum Jenseits. Heute wird das Leben dieses ungewöhnlichen Herrscherpaares sehr kontrovers diskutiert. Was zu einem Gutteil daran liegt, daß die geschichtlichen Fakten zu dieser Zeit äußerst dürftig sind. Vieles davon ist reine Spekulation. Was Echnaton und seine wunderschöne Nofretete so interessant macht ist die Tatsache, daß sie sowohl eine religiöse, wie auch eine künstlerische Revolution losgetreten haben. Niemals zuvor wurde im alten Ägypten der Pharao so natürlich, so wenig beschönigend dargestellt. Niemals zuvor war eine Hauptfrau wie Nofretete so gleichberechtigt. Doch wer nun glaubt, dieser Pharao sei ein Humanist, ein gütiger Mensch gewesen, der irrt vermutlich. Mit den religiösen Umwälzungen kam es zu Verfolgungen, zu Enteignungen, zur sogenannten „Schwarzen Periode“, geprägt von schwacher Außenpolitik und innerer Zerrissenheit, die diese Kulturrevolution nach sich zog. Was ihm auch den Beinamen „Ketzerkönig“ eintrug. Vielmehr ließ sich das spirituelle, gottgleiche Königspaar anbeten und bildete mit Aton eine Art Dreifaltigkeit. Die alten Götter wurden verboten. Um Echnaton geschichtlich korrekt zu beurteilen, mangelt es wie gesagt an wesentlichen Fakten. Darum sollte man es sich auch ersparen. Genauso wie die Spekulationen, die mit seinem Tod und seiner Nachfolge einhergehen. Oft ist ein Mysterium ein weitaus befriedigender Zustand als eine Gewißheit, die sich mitunter ernüchternd darstellt. Fest steht eines. Nach seinem Tod kehrte Amun-Re zurück. Etablierte sich wieder der alte Glaube. Und der alte Priesterklüngel. Ein sehr junger Pharao, vermutlich Echnatons Sohn, bestieg letztlich den Thron. Für sehr kurze Zeit. Ein sehr unbedeutender König. Verstorben oder getötet in sehr jungen Jahren. Und doch heute weltberühmt. In einer frühen Hieroglyphe enthält sein Name noch den Beinamen des Gottes Aton. An seinem Totenschrein wird dann bereits wieder Amun gehuldigt. Sein Name war Tut-Ench-Amun. Und spätestens mit seinem Tod wurde auch die Hinterlassenschaft des Ketzerkönigs getilgt.

Sonntag, 2. Mai 2010

Am Rande des Mainstreams

Jede Zeit hat ja bekanntlich ihre Markenzeichen, ihren besonderen Ausdruck. Ihren unvergleichlichen Stil. Vielleicht wird man das in zehn oder zwanzig Jahren auch über jetzt sagen. In Aussicht steht es aber kaum. Denn was heute als Leitkultur gilt, entwickelt sich in seinen Ambitionen eindeutig wieder zurück. Wird in die Geiselhaft des Cyberspace genommen. Der heutige Mainstream spielt sich in TV und Internet ab. Castingshows und You Tube. Mit einigem Erschrecken ist zu konstatieren, wie wenig Anspruch heute an eine sinnvolle Lebensgestaltung gestellt wird. Und wie verkümmert sich sozialer Kontakt darstellt. Der Großteil schwimmt in diesem trüben Strom und geht emotional dabei unter. Was sich auf der einen Seite als Ignoranz, als Trägheit, als Desorientierung manifestiert, ufert auf der anderen Seite maßlos aus. Fast täglich überschlagen sich die Nachrichten von Ausschreitungen, gewalttätigen Demonstrationen und sinnloser Zerstörungswut. Und nicht etwa im Nahen Osten. Nein, hier bei uns. Mitten in Europa. Die Ursachen dafür sind breitgefächert. Gesellschaftliche Ausgrenzung, Perspektivlosigkeit, mangelnde Bildung, ethnische Hintergründe, häusliche Vernachlässigung. Gewalt gegen den Staat, gegen öffentliches wie privates Gut, scheint bereits salonfähig geworden zu sein. Man braucht sich nur die Bilder vor Augen zu führen, die mit jedem politischen Gipfel einhergehen. Marodierende Banden sogenannter Autonomer, denen jeder Anlaß recht ist, Randale zu machen. Die unter dem Deckmantel des Protests massiv straffällig werden. Polithooligans. Wir haben es heute also zum einen mit einer Strömung zu tun, die völlig beteiligungslos den Geschehnissen gegenübersteht. Die sich im Netz berauscht, dort vereinsamt und irgendwann verlorengeht. Und im krassen Gegensatz dazu ist eine gewaltbereite Protestbewegung etabliert, die ihre Ausweglosigkeit längst erkannt hat und sich in immer größeren Exzessen verliert. Mit Vernunft, mit Kreativität, mit Geist den heutigen Herausforderungen entgegenzutreten, scheint kaum noch gefragt. Man bewegt sich entweder inmitten des allverschlingenden, dumpfen Mainstreams, oder außerhalb davon. Entweder gesichtslos, oder gesetzlos. Jene kritische Köpfe, die sich in der Grauzone bewegen, die eher be- als verurteilen, verstummen sukzessive. Sind weder zeitgemäß noch akzeptabel. Sie sind heute die wahren Außenseiter. Jene geistigen Vordenker, die am Rande des Mainstreams von der zunehmenden Verrohung erschlagen werden.